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Römerlager Kneblinghausen


Kurz vor Christi Geburt drangen die Römer auch auf rechtsrheinisches Gebiet vor. Entlang der Lippe und am Hellweg versuchten sie tief nach Westfalen vorzustoßen. Sie legten mehrere Lager an z. B. in Holsterhausen, Haltern, Oberaden und Anreppen an der Lippe. Bis hierhin war die Lippe damals schiffbar.
Eine Theorie der Forscher besagt, daß auch bei Kneblinghausen ein Lager errichtet wurde. Eine relativ gute Verbindung vom Rhein bis zur oberen Weser bildete der uralte Völkerweg. Dieser lang über dem Haarstrang in West-Ost-Richtung verlaufende Weg führte einerseits zum äußersten Winkel der Münsterischen Bucht und andererseits über den Höhenrücken zwischen Möhne und Alme, der Briloner Hochebene, entlang der Diemel bis zur Weser. Die Hauptverkehrswege sicherten die Römer an besonders gefährdeten und strategischen wichtigen Stellen durch Befestigungsanlagen.

Die archäologisch festgestellte Anlage bei Kneblinghausen wurde seit 1901 durch wissenschaftliche Grabungskampagnen in ihren grundliegenden Strukturen wieder entdeckt. Es handelt sich hierbei um zwei in weiten Teilen seiner Umgrenzung deckungsgleichen Lagerflächen, die ca. 10 ha (älteres Lager) bzw. ca. 7,5 ha (jüngeres Lager) groß waren und durch vier Tore (sogen. clavicula) zugänglich gemacht wurden. Während die Befestigungen des Lagers (Wall, Spitzgraben, Holz-Erde-Mauer und Tore) weitgehend nachgewiesen werden konnten, ist die Bebauung und Nutzung der Innenbereiche bislang völlig ungeklärt. Festgestellt wurde allerdings, dass hier vor den Römern eine germanische Ansiedlung bestanden hat, was aus entsprechenden Keramikfunden hervorgeht. Die nur sehr wenigen, den Römern zuzuordnenden Funde lassen eine zeitlich genaue wie auch funktionell exakte Zuordnung des Lagers noch nicht zu, so dass für die interessierte Öffentlichkeit wie auch die zuständige Wissenschaft noch viele Fragen offen sind.
Für den Besucher ergeben sich aber vor Ort Möglichkeiten, die Dimensionen der Lagerflächen durch eine Umwanderung zu ermessen und anhand der dort aufgestellten Informationstafeln sich weitere Informationen zu erschließen.

Abbildung: Modell eines Clavicula-Tores -

Ausgrabungen am Römerlager 2008


Presse-Info Landschaftsverband Westfalen-Lippe zu den Ausgrabungen im Frühjahr 2008; Kultur
Mitteilung vom 16.04.08


Römerlager Kneblinghausen bleibt rätselhaft
LWL-Archäologen beenden Ausgrabungen

Rüthen (lwl). In Rüthen-Kneblinghausen (Kreis Soest) haben Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) erstmals nach 70 Jahren das sogenannte Römerlager Kneblinghausen untersucht. Sie dokumentierten die Reste der germanischen Siedlung aus der vorrömischen Zeit und der Befestigungsanlage aus dem ersten Jahrhundert n. Chr.

"Das sogenannte Römerlager in Kneblinghausen gibt weiterhin Rätsel auf", fasst LWL-Archäologin Dr. Eva Cichy die vorläufigen Ergebnisse der archäologischen Untersuchung zusammen. Das Ausgrabungsteam von der Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie für Westfalen hatte in den vergangenen Wochen einen Abschnitt der römischen Wall-Graben-Anlage und eine darunter liegende Schicht mit einheimischen Keramikscherben freigelegt.
Über 100 Bruchstücke von Töpfen, Schalen und anderen Gefäßen bargen die Archäologen. Davon können sie über 30 Rand- und Wandscherben aufgrund ihrer spezifischen Formen und Verzierung mit Fingertupfen recht genau in die Zeit um Christi Geburt datieren, die übrigen sind nach den vorläufigen Erkenntnissen älter. "Diese Kulturschicht deckt sich genau mit den Ausgrabungsergebnissen aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts", berichtet Grabungsleiterin Cichy. Die Funde stammen aus einer germanischen Siedlung, von der seit langem Häuser, Öfen, Gruben und Brunnen bekannt sind.
Nicht gefunden haben die LWL-Archäologen dagegen die von früheren Ausgräbern dokumentierte Holz-Erde-Mauer des Römerlagers. Diese zusätzliche Befestigung spielt für Forscher eine wichtige Rolle bei der Interpretation des Platzes als römische Befestigung. "Spuren von Pfosten haben wir trotz sorgfältigen Suchens und vorsichtigen Abtragens aller Wallschichten bis weit in den gewachsenen Boden hinein nicht gefunden", berichtet Cichy.

Für das Fehlen dieser Spuren haben die Experten von der LWL-Archäologie mehrere Erklärungsmöglichkeiten: Entweder haben sie einen Befestigungsabschnitt ausgewählt, in dem es diese zusätzliche Holzkonstruktion nicht gab. "Oder die damaligen Ausgräber haben etwas gesehen, das sich uns heute nicht mehr erschließt. Denkbar ist auch, dass es sich vielleicht um ein nur wenige Tage oder Wochen belegtes Feldlager handelt, das - wie wir es von anderen, besser bekannten Feldlagern kennen - lediglich mit einer Wall-Graben-Anlage gesichert war", versucht Eva Cichy eine Erklärung für das Grabungsergebnis zu finden. Und sie fügt hinzu: "Diese letzte These würde übrigens auch erklären, warum es bislang nur einen einzigen römischen Fund aus dem Lagerbereich gibt, nämlich eine Hacke."

Auch bei den aktuellen Grabungen haben die LWL-Archäologen keinen Fund gemacht, den sie den Römern zuweisen könnten. Somit bleibt auch nach den jüngsten Untersuchungen unklar, wann genau das Lager errichtet wurde, wie lange es genutzt wurde und welche Funktion es im Rahmen der Germanienpolitik des Römischen Reiches vor 2000 Jahre hatte.

Die rund 60 Quadratmeter große Fläche in der Nordwestecke der Befestigungsanlage hatten die Archäologen im Zuge von Aufräumarbeiten nach dem Orkan Kyrill untersuchen können. Es war die erste Gelegenheit nach den Ausgrabungen zwischen 1902 und 1939. Nun hoffen die Fachleute des Landschaftsverbandes, dass irgendwann eine Untersuchung in einem anderen Wallabschnitt möglich sein wird, mit der sie das Rätsel um das Kneblinghauser Lager lösen können.

Pressekontakt:
Dr. Yasmine Freigang, LWL-Museum für Archäologie, Telefon: 0251 5907-267 und Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org

Zu empfehlen ist die Lektüre der von der Altertumskommission für Westfalen (LWL Münster im Juli 2008 herausgegebenen und von Bernhard Rudnick verfassten 32-seitigen Broschüre zum Römerlager Kneblinghausen aus der Serie „Römerlager in Westfalen, Heft 1“, erschienen im Juli 2008. Sie ist erhältlich bei der Stadt Rüthen – Tourist-Information -, Hochstr. 14, 59602 Rüthen oder bei der Altertumskommission für Westfalen, An den Speichern 7, 48157 Münster, E-Mail altertumskommission@lwl.org zum Preis von 2,00 € (postalischer Versand 3,00 €).


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